In dubio problemo


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Volker Pöhls
Krause Gedanken

Die Deutschen sind bekanntlich das Volk der Dichterinnen und Dichter und Denkerinnen und Denker. Typisch deutsch ist auch die Tatsache, daß jeder Deutsche sich zur Zeit seine Internet-Domain reserviert, egal ob es Sinn macht oder nicht. Lassen Sie mich zur Erklärung dieses Phänomens etwas weiter ausholen.
Deutsche sind dafür bekannt, daß sie sehr gerne mit ihren Handtüchern an irgendwelchen Swimmingpools die Liegen reservieren. Das geht folgendermaßen: Der Deutsche stellt sich den Wecker auf halb 5, und wenn der Wecker morgens anschlägt, schleicht er schlaftrunken zum Swimmingpool und legt sein Handtuch auf die Liege seiner Wahl, die Handtücher seiner Familie auf die Liegen rundherum und die Handtücher der Deutschen, die man im Hotel kennen gelernt hat, auf die Liegen nebenan, damit sich dort ja keine Einheimischen hinlegen können. Auf dem Weg zurück ins Bett trifft der deutsche Liegenbesetzer den einen oder anderen Deutschen, der ebenfalls in geheimer Mission auf dem Weg zum Liegen Besetzen ist. Das Interessante daran ist, daß es sich dabei um ein Zwangsverhalten handelt. Der Deutsche geht selbst dann zum Liegen Besetzen, wenn es überhaupt keinen Sinn macht. Angenommen, am nächsten Tag steht von Morgens bis Abends Kamelreiten auf dem Programm. Die Liegen werden trotzdem freigehalten, auch wenn klar ist, daß sie an diesem Tag nicht benutzt werden. Es genügt, daß man schließlich für den Urlaub einen Pauschalpreis bezahlt hat und quasi auch für den Platz am Pool bezahlt hat. Man hat also gewissermaßen ein Recht auf dieses schattige Plätzchen. Außerdem gönnt man auch niemand anders diese tolle Liege und möchte außerdem verhindern, daß andere sich fälschlicherweise nach einmaligem Beliegen einbilden könnten, sie hätten damit ein ständiges Anrecht auf diesen Liegeplatz erstritten. Daß diese Praxis dazu führt, daß ständig jede Menge Liegen sinnlos herumstehen, spielt keine Rolle. Es geht schließlich ums Prinzip, und das ist heilig.
Ums Prinzip geht es auch bei der Vergabe der Internet-Domains. Es gibt Tausende von Müller, Meier, Schulzes in Deutschland. Die Internet-Adresse WWW.MUELLER.DE kann es dagegen nur einmal geben. Deswegen steht ganz Deutschland neuerdings schwer unter Stress. Wie die Goldgräber und ihre Claims, rangelt ganz Deutschland um die heißbegehrten kurzen Domain-Namen. Bermerkenswert ist dabei – wie bei den Liegen am Swimmingpool – daß es überhaupt keine Geige spielt, ob die Reservierer der Domains diese Adresse für irgendetwas brauchen – Hauptsache man schnappt anderen die Adresse vor der Nase weg und sitzt erst einmal mit dem dicken Hintern auf ihr herum. Im Besetzen waren die Deutschen schon immer gut, also nichts wie los. Wahrscheinlich geht der Trend sogar zur Zweit- und Mehrfach Domain. Besetzen, daß die Schwarte kracht, solange es noch welche gibt. Solche Leute müllen dann das Internet voll mit ihren Nervseiten, die nur aus einem „Under Construction"-Schild und dreieinhalb Worten bestehen und überflüssig wie die Kröpfe unschuldige Server belasten.

Haben Sie sich in einer stillen Stunde auch schon einmal gefragt, was den Menschen vom Tier unterscheidet? Wie gut, daß Sie diese Kolumne lesen, denn sie enthält die finale Beantwortung dieser Menschheitsfrage. Wenn man bei schönem Wetter im Frühling so durch die Lande fährt, sieht man hier und da Motorradfahrer auf ihren blitzenden Maschinen. Wie sie da so dahinbrausen in ihrer wulstigen schwarzen Lederkluft, mit leicht gekrümmtem Rücken und angewinkelten Beinen. Hinten drauf, auf dem Sozius-Sitz eine kleinere Gestalt, an den Vordermann geklammert, durch die gleichfarbige wulstige Lederkluft kaum vom Fahrer zu unterscheiden.
Jedes Jahr im Frühling, wenn die ersten Sonnenstrahlen die Erde erwärmen, kommen auch wieder die Erdkröten aus ihren Löchern. Gestärkt von der langen Winterstarre freuen sie sich auf das Laichgeschäft und machen sich auf zum langen Marsch zum nächsten Gewässer. Dabei gucken sie voller Frühlingsgefühle mal nach rechts, mal nach links und halten Ausschau nach einem paarungswilligen, entzückenden Erdkrötenweibchen und gnade Gott, wenn sie eins erspäht haben! Dann springen sie dem Weibchen ratzfatz auf den wulstigen Rücken und packen es im Würgegriff und lassen nicht eher wieder los, bis das Brutgeschäft zu seinem glibberigen Ende gekommen ist. Jetzt sagen Sie, ich wollte Ihnen doch einen Vortrag über den Unterschied zwischen Mensch und Tier halten, bringe aber nichts als Gemeinsamkeiten: die wulstige, ledrige Haut, die gekrümmte A-tergo-Position, das Klammern, die rastlose Fahrt ins Blaue, die Frühlingsgefühle und und und. Das ist richtig, es gibt eigentlich nur Gemeinsamkeiten zwischen Erdkröte und Motorradfahrer, aber ein entscheidender Unterschied ist doch der, daß bei den Erdkröten das Männchen das kleinere ist und auf dem Soziussitz hockt.

"Harald (der Vibrator) ist hellgrün, hat Riffel und vibriert wie blöde, wenn man hinten an dem Rad rumdreht. (S.143) Und der kann ganz schön nerven. Ich meine, irgendwie sagt der nie was. Ich meine, der macht in meiner Muschi rum und hinterher sagt er nichts. Ich finde das irgendwie doof. Ich meine, kann vielleicht mal einer sprechende Vibratoren herstellen, die hinterher noch was Nettes sagen. Zum Beispiel <Bis zum nächsten Mal, mein Schatz!> oder so ." (Alexa Hennig von Lange, Relax, rororo, S.223)

Alexas Vorschlag verdient das Prädikat "kulturell besonders wertvoll". Er müßte allerdings noch ein wenig mit prallem Leben gefüllt werden. Harald sollte hinterher nicht immer das gleiche sagen, das wäre auf die Dauer öde. Er sollte vielmehr per Zufallsgenerator wählen zwischen Alexas Lieblingsspruch, einem notgeilen "Ich könnte schon wieder! Soll ichs dir noch mal besorgen, oh Herrin?!", einem glaubhaften "So gut warst du noch nie! Du bist ja eine Granate beim Sex!" oder schlicht "Danke, danke, danke!". Darüber hinaus sollte Harald - auf Wunsch - auch während der Arbeit sprechen können. Es ist klar, daß man ihn nur klar verstehen kann, wenn er nicht zu weit eingeführt wird. Ich würde gleichmäßiges Stöhnen, akzentuiert von zeitweiligen spitzen Schreien vorschlagen, in der zweiten Stufe könnte er Frauchen mit Tiernamen und Formulierungen wie "geile Schlampe" oder "kleine Ficksau" (Relax) zu Höchstleistungen anstacheln. In der De-Luxe-Version kann man Haralds Tonband von einem kooperativen Hausfreund besprechen lassen, jedoch auch auf gierige Sprüche wie "Laß mich rein", wahlweise gesprochen von Götz George oder Till Schweiger, zurückgreifen. Weitere Anregungen zum Thema "Sprechender Vibrator" nimmt das Gästebuch von Volker Pöhls dankend entgegen.

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