Der erste Pferdeflüsterer

Was muß man tun, damit ein Pferd alles gibt ?


Quelle: Karl May, "Auf dem Tigris" Kap. 4

»Mein Rih war gewöhnt, daß ich bei ihm schlief. Sein Hals war mein Kopfkissen, und ehe ich einschlief, sagte ich ihm seine Sure leise in das Ohr. Er war gewohnt, nur dem, der dieses that, zu gehorchen. Nun hat wohl auch Assil Ben Rih keine Sure?«

»Sihdi, wie kannst du fragen! Der Nachkomme deines herrlichen Rih mußte unbedingt eine haben. Kennst du die Sure Abu Laheb?«

»Ja. Es ist die Hundertundelfte.«

»Sage sie!«

»Sie lautet: Untergehen sollen die Hände des Abu Laheb; untergehen soll er selbst. Sein Vermögen und alles, was er sich erworben hat, soll ihm nichts helfen. Zum Verbrennen wird er in das flammende Feuer kommen und mit ihm sein Weib, welche Holz herbeischleppen muß, und an ihrem Halse soll ein Seil hängen, welches aus den Fasern eines Palmbaumes geflochten ist!«

»Ja, das ist die Sure Abu Laheb, welche du deinem Pferde des Abends in das Ohr zu flüstern hast.«

»Warum grad diese?«

»Weil sie so kurz ist. Ich habe sie auswendig lernen müssen, um sie dem Rappen vorzusagen. Eine längere wäre wieder unten aus dem Topfe herausgelaufen. Dein Kopf ist nicht so fein und offen wie der meinige; darum bleibt bei dir alles stecken. Doch tröste dich, Sihdi; es kann nicht jedermann die Vorzüge besitzen, mit denen Allah mich ausgerüstet hat! Du wirst von heut an bei Assil Ben Rih schlafen, wie du bei seinem Vater geschlafen hast.