Krause Gedanken 5 - Kolumnen von Volker Pöhls


Ekel-Award für Barnerstraßen-Tunnel

Hiermit bitte ich um Vorschläge für die Verleihung des Ekel-Awards. Der Ekel-Award ist so etwas wie der Oskar für besonders eklige Ob- und Subjekte. Er wird einmal im Jahr feierlich von mir verliehen und ist bisher mit Null Mark dotiert. Mein Favorit für den Grusel-Award für fürchterliche Tunnel ist nicht etwa der Tunnel in Österreich, in dem Leute verbrannt sind, sondern der Tunnel in Altona in der Verlängerung der Barnerstraße. Der ist so schrecklich, so rußig und so beleuchtet, als wolle Hitchcock dort übermorgen einen Schocker drehen, in dem unschuldige Jungfrauen von Straßenkreuzern mit quietschenden Reifen durch Unterführungen gejagt werden. Besonders schön an diesem Tunnel sind auch die uralten, dreckigen Plakate, die von irgendwelchen fauligen Pfeilern in Fetzen herunterhängen und so eklig sind, daß der diesjährige Ekel-Award einfach an diesen Tunnel gehen muß. Aber die unbestechliche Jury, die nur aus mir besteht, kann ja noch eines Besseren bzw. eines Ekligeren belehrt werden.

Spiegel für eitles Führungspersonal

Führende Mitarbeiter sind eitel. Alle Menschen sind in einem gewissen Grade eitel, aber Chefs sind mega-eitel. Sie sind Musterbeispiele an Narzismus. Sie glauben, die ganze Welt würde sich nur um sie herum drehen, wie die Planeten eines Sonnensystems um ihre Sonne. Sie glauben ganz felsenfest an diesen Egozentrismus, aber da sie nicht hunderprozentig sicher sind, daß sie wirklich total und absolut die Krönung sind, brauchen sie immer wieder die Bestätigung ihrer Einzigartigkeit. Warum kommt man diesem harmlosen Bedürfnis nicht mit kleinen baulichen Maßnahmen ein wenig entgegen? Mit zahlreichen Statussymbolen kommt man ihnen ja schließlich auch entgegen. Ich möchte einige der zahlreichen Möglichkeiten andeutungsweise skizzieren. Die wichtigste Maßnahme ist der Einbau von Spiegeln. Für den Eingangsbereich würde ich Bodenspiegel vorschlagen. Das ermöglicht es auch leitenden Angestellten, die zu Besuch kommen, sich zu vergewissern, wie toll sie wieder aussehen. Ideal wäre es, wenn man diskret kaschiert an der Seitenpartie einen Föhn sowie Einweg-Bürsten anbringen könnte. Das Problem ist dabei, daß all diese Maßnahmen um Himmels Willen nicht unter dem offiziellen Titel "Eitelkeit" oder ähnlich laufen dürfen. Den Vorwurf der Eitelkeit würden die Chefs natürlich mit Empörung weit von sich weisen. Deswegen muß man eine gute Scheinbegründung finden, die von dem eigentlichen Sinn der Verspiegelung ablenkt. Ein Vorschlag wäre der folgende: Man verkauft den Mitarbeitern nahe beim Empfang verspiegelte Scheiben mit der Begründung, daß es dann keine neugierigen Blicke in ihre Büros mehr gibt. Diese Begründung ist wunderbar, sogar der Betriebsrat wird wohlig grunzen und zustimmen. Schon haben wir wunderbare Spiegel, mit denen sich die Chefs mehrmals täglich beweisen können, daß sie einfach umwerfend aussehen.

Das Pöhlssche Trinkgeldgesetz

Gossen stellte die Gossenschen Gesetze auf, Mendel die Mendelschen Gesetze. Mein Vater dagegen war der Erfinder des Pöhlsschen Kellnergesetzes. Dieses Kellnergesetz ist mittlerweile schon recht alt und dementsprechend häufig von uns auf seinen Wahrheitsgehalt hin überprüft worden. Es lautet wie folgt: Je größer das Trinkgeld, desto besser die Wünsche. Ein Beispiel: Angenommen, Sie geben gar kein Trinkgeld. Dann wird das Geld wortlos eingestrichen; gute Wünsche werden verweigert. Bei einem eher bescheidenen Trinkgeld, z.B. einer Mark, wird der Standardwunsch heruntergeleiert, etwa "Schönen Tag noch" oder "Ich wünsche ein schönes Wochenende". Ein erhöhtes Trinkgeld läßt die Bedienung schon tiefer in die Wunschkiste hineingreifen. So kann man sich mit zwei Mark Trinkgeld durchaus schon einmal einen Zwei-Komponenten-Wunsch erkaufen, etwa „Ich wünsche Ihnen noch einen guten Abend und ein schönes Wochenende“, das mit etwas Glück noch mit einem gar nicht so gequält wirkenden Lächeln garniert wird. Ein exorbitant hohes Trinkgeld läßt leider keine genauen Prognosen zu. Mit Sicherheit läßt sich nur sagen: "Anything goes!" Neben guten Wünschen kann es ein Satz übers Wetter sein, manche Kellner ringen sich dazu durch, der spendablen Kundschaft in den Mantel zu helfen, mal kann es auch ein saloppes "Bis zum nächsten Mal" sein.

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