Krause Gedanken

von Volker Pöhls


Neulich fiel mir ein, daß Monopoly im Zuge der allgegenwärtigen Inflation ständig an Wert verliert. Wenn man vor 20 Jahren über Los kam und 4000DM einzog, dann war das damals wirklich ein schöner Batzen Geld. Heutzutage bekommt man immer noch die gleichen 4 Riesen, aber was sind sie heute noch wert ? Es mag wohl sein, daß man früher für 3000 DM sich nur so zum Spaß ein Kraftwerk kaufen konnte, aber heute? Da muß man wohl doch etwas mehr dafür berappen. Wir kennen die dynamische Anpassung der Renten. Also, Spiele-Hersteller: paßt mal das Monopoly an die Geldentwertung an!

Diese Gedanken gingen mir neulich durch den Kopf und kurz dananch dachte ich über das Lachen nach. Jemand hatte geschrieben, daß manche im Publikum lachen, als Vorschußlorbeeren darauf, daß bestimmt etwas Lustiges kommen wird. Ich möchte mich darüber hinaus erdreisten zu behaupten, daß manche lachen, weil sie so begeistert darüber sind, daß sie eine Pointe glauben verstanden zu haben und dies auch der Umwelt kundtun möchten.

Wenn ich auf einer Straße mit Geschwindigkeitsbegrenzung so vor mich hinfahre, fällt mir auf, daß ich ständig überholt werde, obwohl ich mich an die Verkehrsschilder halte. Ich befinde mich total in der Minderheit, indem ich höchstens 10km/h schneller fahre als vorgesehen. Wenn Sie auch ein Individualist sein möchten, machen Sie es wie ich. Genießen Sie das Gefühl, etwas ganz Besonderes zu sein: jemand, der sich den Luxus leistet, rel. langsam zu fahren, nicht zu hetzen und nicht um die jeweiligen Pole-Positions an den Ampeln jede Minute neu zu kämpfen.

Ich bin eigentlich ständig auf der Suche nach Marktlücken. Eine solche glaube ich in puncto Autohupen entdeckt zu haben. Die Hupen haben ja nur eine einzige festgelegte Lautstärke. Andererseits gibt es für einen Autofahrer ja ganz unterschiedliche Grade der jeweiligen Empörung. Angenommen, jemand läßt das Auto absaufen, als die Ampel von rot auf grün springt. Jetzt sehen Sie aber, daß es sich um ein Fahrschulauto handelt, und noch dazu mit einer Frau am Steuer - da genügt natürlich ein ganz zartes, nur angedeutetes Hupen, um die Dame angemessen abzustrafen. Läßt Sie dagegen ein Rentner ("So ein Hornochse!") auf der Überholspur trotz mehrmaliger Lichthupe nicht vorbei, dann wäre ein Hup-Signal der Marke Jericho ja doch wohl angebracht, daß dem Sauhund der falsche Fiffi von der Platte hüpft. Natürlich müßte die Stärke des Huptons von der beim Pressen auf die Hupe aufgewendeten Kraft abhängen. Hupvirtuosen könnten auf diese Weise wahre Hup-Sinfonien aufführen. Die Variationsmöglichkeiten wären enorm. Zu besonderer Beliebtheit könnten es der "Röchelhusten-Huper" oder der "Sirenen-Huster" bringen.

Ich bin der Meinung, dass die Einstellungsvoraussetzungen für die Chefetage der Stadtreinigung auf Hauptschulabschluß angehoben werden sollten. Mir passiert es nämlich immer wieder, dass ein Müllwagen AUSGERECHNET ZUR HAUPTVERKEHRSZEIT AUSGERECHNET IN EINER HAUPTEINFALLSSTRASSE unserer großen Stadt zugange ist. Der ist natürlich Hunderten von mehr oder weniger unbescholtenen Autofahrern im Wege, die komischerweise gerade auf dem Weg zur Arbeit sind und sich etwas Besseres vorstellen könnten, als im Stau vor einem Müllwagen oder einem Straßenreinigungsauto zu warten. Meine Hoffnung wäre, dass ein Müllwagen-Termin-und-Ort-Planer MIT HAUPTSCHULABSCHLUSS eventuell erkennen könnte, dass der dusselige Einsatz eines Müllwagens zur Rush-Hour in einer Hauptverkehrsstraße der Volkswirtschaft einen schönen Schaden zufügt (ganz abgesehen von der Nerverei) und dass der Müllkutscher in dieser Zeit auch in Nebenstraßen seinen Spaß haben könnte.

Wenn man ein Wort in die Luft wirft wie eine Jonglierkeule, die sich mehrfach todesmutig überschlägt, und es dann nach zahlreichen Loopings wieder auffängt, dann kann da schon mal bei dem vielen Geschüttel ein Wortspiel bei herausspringen. Genau ein solches ergab sich bei der Jonglage des Wortes chain reaction, aus dem eine chain erection wurde. Wie hat man sich nun eine Ketten-Erektion vorzustellen? Ich glaube, es passierte folgendes: Bei den Außenaufnahmen für einen neuen Unterhosen-Katalog war ein neues Model zugegen, noch schöner und besser gebaut als die anderen schönen und gut gebauten. Das führte nun bei einem der Herren, der offenbar zu den Homoerotikern zählte, zu einer prachtvollen Erektion. Als dies der Kollege sah, der sich nebenan gerade einen fabrikneuen Schlüpfer überstreifte, bewirkte der Anblick dieser Erektion seinerseits eine weitere Erektion. Das erregte wiederum die Begeisterung des nächsten Unterhosen-Models und so weiter - eine Kettenerektion nahm ihren unheilvollen Lauf. Es erübrigt sich zu sagen, daß der Unterhosenkatalog nie veröffentlicht werden konnte - lauter Männer mit erigierten Schwänzen gehören einfach nicht an die Öffentlichkeit. Trotzdem haben sich die Models noch ganz köstlich amüsiert.

In der Schule mußten wir im Englischunterricht die Geschichte von der Einsamkeit des Langstreckenläufers lesen ( nicht zu verwechseln mit der Angst des Torwarts vorm Elfmeter). Darin wird erzählt, die Jungs hätten sich immer köstlich amüsiert, wenn sie beim Fernsehen den Ton abgestellt hatten. Ich möchte diese Idee noch ein wenig ausschmücken. Ich habe mal einen Film mit Rüdiger Vogler gesehen. Es gab da eine Wahnsinnsszene, in der Rüdiger Vogler sich vor laufender Kamera hinhockt und sich seiner Verdauungsprodukte entledigt. Ohne Trick und doppelten Boden. Bemerkenswert daran ist, daß die Wurst unglaublich lang war. Wie lang muß der Regisseur gewartet haben, bis Herr Vogler zu dieser Liveaufnahme in der Lage war. Man weiß doch, daß beim Film jede Szene x-mal wiederholt wird. Nicht auszudenken, wenn Rüdiger Vogler diese Szene auch nur 5mal wiederholen mußte. Dann kann ich nur sagen: Hut ab. Oskar für die härteste Szene der Filmgeschichte. Nett ist auch, daß Rüdiger Vogler sein Poker-Face nicht ganz kontrollieren konnte: ihm ist ein kleiner stolzer Grinser herausgerutscht. Das macht die Szene so warm und so menschlich. Sollte dieser Film noch einmal im Fernsehen laufen, werde ich ihn aufnehmen und die Szene rückwärts abspielen mit dem Kommentar: "Wie Rüdiger Vogler einmal mit seinem Unterleib eine lange Wurst vom Fußboden aufsaugte."

Menschen können eindeutig durch ihren Fingerabdruck identifiziert werden. Das ist altbekannt. Neuer ist, daß auch der genetische Code und die Pupille eines Menschen einzigartig sind. Ich möchte das Augenmerk auf ein weiteres eindeutiges Identifikationsmerkmal des Menschen lenken, nämlich sprachliche Eigenheiten. Showmaster Thomas Gottschalk sagt z.B. pro Sendung mindestens 10 mal "So" (mit einem harten "O" wie in Gold). Derartige sprachliche Marotten reizen dazu, eine Strichliste zu machen. Das wiederum führt dazu, daß man sich kaum noch auf Inhaltliches konzentrieren kann, weil man nur noch dem erneuten Auftauchen des Suchbegriffs entgegenfiebert.

"Totgesagte leben länger" sagte der Baum. "Aber wie ist es mit Totgesägten ?"

Best. Leute zieht es doch immer wieder mächtig zu den Grenzerfahrungen. Bungee-Jumping und Catapulting und Free-Climbing sind da angesagt. Hauptsache, die Tätigkeit hat hinten ein "ing" dran. Sollte sich einst ein hergelaufener Trend-Scout erdreisten, Nosepecking als neue Extremsportart zu erscouten, dann wäre das sicherlich der Hit der Saison. Man muß nicht in die Ferne schweifen, sondern kann gewisse Grenzerfahrungen auch hier und jetzt und billig haben. Die Top 2 meiner Grenzerfahrungen: Durch ein Einfkaufszentrum irren und seit einer halben Stunde ganz doll auf Klo müssen. Das setzt Adrenalin und Angstschweiß frei, verengt die Gedanken eines ansonsten sehr differenziert denkenden Menschen auf ein einziges Thema: Endlich ausscheiden können. Ich brauche wohl nicht hinzufügen, daß man sich diese Grenzerfahrungen künstlich schaffen kann, indem man vorm Einkaufen einfach nicht zum Klo geht. Eine zweite, ähnlich gelagerte Grenzerfahrung, die auch mit dem Ausscheiden zu tun hat, jedoch leider nicht so einfach zu provozieren ist, ist harter Stuhlgang. Hat man mal denselben, dann glaubt man beim Ausscheidungsbemühen, es würde einen zerreißen, man befürchtet einen Dammriß allerbester Güte. Das Ganze hat Ähnlichkeit mit einem Orgasmus - wenn's vorbei ist, ist man sofort der Meinung, so gewaltig könne es doch nicht gewesen sein. Außerdem bietet es den Herren der Schöpfung die Gelegenheit, sich ein wenig wie eine Frau beim Gebären zu fühlen - glaube ich zumindest.

Ein Wegweiser an meiner Hausstrecke bringt mich neuerdings immer mal wieder zum Nachdenken. Ein anonymer Kreativer hat aus dem Ort Großhansdorf mit wenigen Farbtupfern "Größhänsdörf" gemacht. Manche mögen dies als Namensschändung allerersten Ranges empfinden, ich dagegen halte es für Kreativität wie etwa in jenem Erdnußwerbespot, in dem es hieß "Üch hütten Sü düs glüch güsügt." Wenn man bedenkt, daß die türkische Sprache ein gewisses Faible für Umlaute zu haben scheint, dann könnte Größhänsdörf, das zu meiner Zeit auch schon in "Grand Jean Village" verfremdet wurde, wohl die vertürkte Multi-Kulti-Version sein. Wegen der Umlaute kann man auch nicht ohne Gewissensbisse die Quizfrage eines Lerncomputers für Sechsjährige beantworten, wie viele Buchstaben das Alphabet enthalte. Statt 26 ist man geneigt, 29 oder - wegen des SZ - 30 zu sagen. Daraus auf eine Überlegenheit des Deutschen zu schließen, wäre kurzschlüssig. Es wäre fast so kurzschlüssig wie der Fehlschluß, daß das Wort "Jürüjüsine" ein türkisches sein muß. Eine weitere eindrucksvolle Namensverfremdung habe ich in Hamburg gesehen. Dort ist auf einem Straßenschild am Horner Kreisel aus dem Ortsteil "Horn" ein "Horny" gemacht worden. Dazu muß man wissen, daß dieses Wörtchen im Englischen "spitz" oder "geil" bedeutet und da ist einem Sprayer doch mal ein schönes Wortspiel gelungen.

Die Annektierung Mitteldeutschlands hatte zumindest ein Gutes: dadurch sind eine Fülle von Orten mit komischen Namen zur Bundesrepublik gestoßen. Meine Lieblingsnamen sind die, die auf -ow enden. Das w ist dabei ein stummes w ähnlich wie ein stummes h in Worten wie Reh, also eigentlich überflüssig wie ein Kropf. Besonders schöne Vertreter sind Dassow und ... Die Ex-DDR hatte allerdings kein Monopol auf ow. Wir hatten z.B. im goldenen Westen einen Friseur namens Pittelkow in einem Laden, der mit todchicen Mosaiksteinchen verkleidet war. Der Friseur sagte immer "Na, Sportsfreund" zu mir, und weil ich zu Zeiten der Beatles das Kürzen meiner Haare haßte, haßte ich auch die Begrüßung "Na, Sportsfreund". Zu der Zeit war es angesagt, sich "Fit" oder "Brisk" in die Haare zu schmieren. Man sah danach richtig schön schmierig und schmalzig aus. Heute wird auch wieder geschmiert, aber Gel. Bitte dabei beachten, daß Gel kein stummes H hat wie Mehl.

Auf Platz 1 meiner ultimativ subjektiven Hitparade ekliger Geräusche ist das Schlürfen von Getränken. Manche Menschen können und wollen es sich nicht verkneifen, beim Trinken gleichzeitig heftig einzuatmen. Da der Luftkanal dann zwangsläufig sehr eng ist, ergibt sich ein zugiges Geräusch, das an sich schon, wenn nicht ekelhaft, so doch völlig überflüssig ist, akustische Umweltverschmutzung gewissermaßen. Künstler in dieser Disziplin lassen beim Einatmen die Luft durch die Flüssigkeit gehen, so daß ein lautes Gurgeln entsteht, das in seiner Aufdringlichkeit seinesgleichen sucht. Es ist, als würde jemand vor Ihren Augen in der Nase bohren. Advokatisch veranlagte Leser werden dem Schlürfer an dieser Stelle verteidigend zur Hilfe eilen, indem sie darauf hinweisen, daß heiße Getränke durch Zuführen kalter Luft gekühlt werden können. Papperlapapp. Heiße Getränke kühlen wunderbar ab, indem man sie ein wenig an der frischen Luft stehen läßt oder, wenn's unbedingt sein muß, pustet. Ich saß einmal in einem Chinarestaurant an einem Zweiertisch, als ein zweiter Gast zu mir an den Tisch gesetzt wurde. Als dieser seine Suppe serviert kriegte, setzte ein Schlürfen ein, daß es nur so eine Freude war, ihm zu lauschen. Advokatisch veranlagte Leser werden jetzt beteuern, daß der Genuß einer Suppe durch das Schlürfen erhöht wird, weil dann die Geschmacksknospen noch mehr Luft bekommen. Okay, jeder soll sich gerne geschmackliche Höhepunkte verschaffen, ABER BITTESCHÖN NICHT AUF MEINE KOSTEN. Als die Suppe leer war, dachte ich, ich wäre von meinen Qualen erlöst. Keineswegs. Es dauerte nicht lange, da wurde meinem Tischnachbarn ein heißes Getränk serviert, und die Schlürferei ging wieder von vorne los.

Wenn ein Mann pinkeln gegangen ist, soll er sich danach die Hände waschen, lautet eine goldene Regel. Warum sollte er das machen? Wir können zwei Fälle unterscheiden. 1.) Der Mann ist ungeschickt und pinkelt sich gegen die Hand. Okay, dann ist es wahrhaftig sinnvoll, sich nach dieser Tat die Hände zu säubern. Allerdings spricht diese Ungeschicktheit nicht gerade für diesen Mann. 2.) Der Mann hat einen schmutzigen, ja geradezu kontaminierten Wurmfortsatz. Die Hand ist mit diesem Teil in Berührung gekommen und ist deshalb ebenfalls verseucht. Bravo, dann ist eine Handwaschung absolut angezeigt. Wesentlich sinnvoller wäre es jedoch, wenn dieser Mann sich beizeiten einmal sein Genital waschen würde. Dann würde er sich nämlich beim Strullen nicht die Hand besudeln. Mehr als diese zwei Fälle fallen mir aber beim besten Willen nicht ein. Eher schon ein Fall, bei dem das Händewaschen nicht angesagt ist: Jemand hat einen blitzsauberen Schwanz. Seine Hand kommt mit diesem reinlichen Teil beim Wasserlassen in Kontakt und bleibt daher sauber und rein. Ergo ist es nicht nötig, sie danach zu waschen. Wie man es auch dreht und wendet: Wer sich nach dem Pinkeln die Hände wäscht, ist keinesfalls ein Saubermann, sondern ein Tolpatsch oder ein Schwein.

Dazu hat mir Markus Fecht (vielen Dank) im August 2004 folgenden Hände-waschen-nach-dem Pinkeln-Witz zukommen lassen: During a telecommunications seminar, there were three guys in the bathroom standing at the urinals. The first guy finishes and walks over to the sink to wash his hands. He then proceeds to dry his hands very carefully. He uses paper towel after paper towel and ensures that every single spot of water on his hands is dried. Turning to the other two, he says, "At Alcatel, we are trained to be extremely thorough." The second guy finishes his task at the urinal and he proceeds to wash his hands. He uses a single paper towel and makes sure that he dries his hands using every available portion of the paper towel: He turns and says, "At Ericsson not only are we trained to be extremely thorough but we are also trained to be extremely efficient." The third guy finished and walks straight for the door, shouting over his shoulder: "At Siemens, we don't piss on our hands..." Sehr schöne Kommentare dazu findet man auch, wenn man mit dem Stichwort "piss on our hands" (mit Anführungsstrichen) googelt, z.B. "your hands, even without touching the nasty faucet handle or bathroom doors, are probably dirtier than your penis.The logical solution is to learn to pee without holding your dick so you don't sully it with hand germs." Nice to know auch, welche Varianten es von dem Joke gibt...


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